Als Industrie-Chemiker habe ich bisher sehr viel Praxis-Erfahrung bei Materialentwicklung, Produktion und Anlagenbau sammeln können. Die meisten Herausforderungen konnte ich meistern, indem ich wissensbasierten Methoden mit praxisorientierten Analyse-Verfahren kombinierte. Denn auf dieser Basis entstehen verlässliche Lösungen, weil die „Stellschrauben“ der Prozesse verstanden sind.
Wichtig ist dabei, die Theorien, die man als Konstruktionshilfen benötigt, immer als temporäre Lösungen anzusehen. Selbst ein paar positive Beweise ändern nichts am Vorläufigkeits-Status einer Theorie (negative Beweise schon). Für einen Wissenschaftler ist das banal. Anmaßend erscheinen mir alle, die eine Behauptung aufstellen, ein paar Analogien oder Korrelationen aufzeigen und sie dann als wissenschaftlich erwiesen bezeichnen!
Aber Bescheidenheit scheint der Wissenschaft abhanden zu kommen: ist es nicht erstaunlich, wie locker man über „Life-Science“ redet und sogar Lehrstühle dazu einrichtet? Was soll dort gelehrt werden? Weiß man denn, was Leben ist! Die Diskussion über die Abgrenzung von Leben und Tod, das Mediziner, Ethiker und Theologen führen, verdeutlicht nur einen Aspekt der Problematik. Als Chemiker, weiß ich, was Stoffe miteinander machen können – im Prinzip. Habe ich Physik studiert, weiß ich, was mit Kraft und Energie alles angestellt werden kann. Doch weiß ich nach einem Life-Science-Studium, wie und was das Leben in seiner Vielfältigkeit bewirkt? „Biologie“, das „Reden vom Leben“ wäre meineserachtens bescheidener und angemessener.
Fast zwangsläufig kommt man in einem langen Berufsleben mit vielen Themenbereichen in Kontakt. Ich finde es immer wieder spannend, so viele vergleichbare Strukturen in den unterschiedlichsten Bereichen feststellen zu können. Für die Umformung eines Stück Blechs gelten fast die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie für eine Kunststoff-Folie!
Aufgaben und Zusammenhänge ähneln sich in den unterschiedlichsten Disziplinen! Schließlich gelten die Naturgesetze überall. Was in der Physik der Energieerhaltungssatz ist, entspricht in der Wirtschaftswissenschaft dem „Rezeptbuch der schwäbischen Hausfrau“.